Prix Lignum 2024
Umbau 320-jähriges denkmalgeschütztes Bündnerhaus

Das auffallend stattliche barockzeitliche Wohnhaus von 1702, mit feinen Schnitzereien an der Fassade, stand jahrelang leer und sollte vor dem drohenden Zerfall bewahrt werden. Der Umbau verfolgte das Ziel, vor allem äusserlich das ursprüngliche Erscheinungsbild zu erhalten. Die Herausforderungen beim Innenausbau stellten sich einerseits seitens der Statik und anderseits seitens der Umsetzung einer wirksamen Wärmedämmung in Kombination mit der alten Bausubstanz. Zudem galt es, bei niedrigen Raumhöhen mit dünnen Deckenstärken die moderne Haustechnik möglichst unsichtbar und platzsparend in die Bausubstanz zu integrieren und die Nebengebäude ergänzend zu nutzen. So fand die PV-Anlage ihren Platz auf dem Dach des Stalls und liefert heute von dort aus elektrische Energie für den modernen Lebensstandard anstatt Milch und Fleisch wie früher für die Bauernfamilie.

Nachdem durch den Rückbau die ursprüngliche Raumstruktur erkennbar wurde, war die Basis für das neue Innenausbaukonzept gegeben. Insbesondere galt es, pro Etage neue Nasszellen sowie pro Wohneinheit eine neue Küche einzubauen. Grossmutters Holzbrotofen, früher draussen unter dem Vordach, wurde ins Wohnkonzept integriert und rückte ins Zentrum der neuen gemütlichen Veranda. Die drei Specksteinöfen wurden erneuert und sorgen wieder für Wohlfühlwärme im Haus.

Nebst zahlreichen bestehenden Möbeln, die nach einer Restauration wieder ihren Ort im Haus fanden, wurden die alten Strick- und der Riegelwände wieder sichtbar gemacht. Alte Fichtenplanken und -bretter wurden gebürstet, angepasst und wieder eingesetzt. Ergänzend kam neues Fichtenholz zum Einsatz, naturbelassen in Kombination mit der bestehenden Bausubstanz sowie bei den neuen Elementen wie Nasszellen schwarz eingefärbt. Die Gesamtlösung aus Fichtenholz gibt dem Haus die traditionelle angenehme Stimmung.

Einen besonderen Blickfang stellt die Schindelfassade auf der Nordwestseite dar. Stark verwittert wurde sie originalgetreu durch einen einheimischen Schindelmacher mit Rundschindeln aus örtlichem Fichtenholz ersetzt.

Die Bauherrschaft stammt ursprünglich aus Camuns sowie aus der Surselva und konnte das Haus der Grossmutter in Erbschaft erwerben. Das Ehepaar spürt eine starke Bindung zum Haus, identifiziert sich mit dem Ort und wird das Haus fortan selbst bewohnen. Die Wohnqualität, die Bewahrung der alpinen Baukultur und Identität des Hauses im örtlichen Kontext waren von sehr grosser Bedeutung und für den Umbau wegweisend.
Projektdetails:
Mehrfamilienhaus, Innenausbau, ideelle Auseinandersetzungen mit Holz, Sanierung/Renovation
Fertigstellung:
2021
Projekteingabe:
2024
Projektstandort:
Vorwiegend verwendetes Holz:
Fichte/Tanne
Behandlung des Holzes:
naturbelassen
Bauherrschaft:
Daniel e Cordilia Cathomen Derungs, Camuns / Masauns
Architektur / Planung:
huonder bisquolm architects, Aluis Huonder, Disentis
Ingenieur:
CLARPLAN GmbH, Vella
Ausführung Holzarbeiten:
Alig Holzkultur, Claudio Alig, Vrin
Schreiner:
Alig Holzkultur, Vrin
Weitere:
Bernhard Bauexperte Bauphysik, Chur
Bisquolm-Dach GmbH, Ladir
Projekt-Link:
Photos:
Jens Ellensohn, Kornfeld 16, A-6840 Götzis
huonder bisquolm architekten, 7180 Disentis